Mandana: ein Märchen – mein Märchen!

 

Am 1. Mai dieses Jahres wurde meine Mandana 20 Jahre alt. Am 16. Dezember dieses Jahres 2009 jährt sich zum zehnten Mal die Nacht, als sie unter spektakulären Umständen bei uns Einzug hielt. Mein Mandänchen!

 

 

Warnung

 

Die Geschichten, die diese Stute und ich in unserer beider Leben durchliefen, sind wechselhaft wie die Welt selbst. Wer etwas gegen Kitsch hat, sollte an dieser Stelle aufhören zu lesen – denn die Dinge entwickelten sich fast wie in einem Groschenroman. Da sie mein Leben und mich prägten wie kaum etwas anderes erzähle ich sie hier dennoch, konzentriere mich dabei jedoch auf meine große Liebe - Mandana. Wen´s nicht interessiert, der kann jeder Zeit gerne weiterklicken…

 

 

 

 

 

 

 

Jugend

 

Als Mandana am 1. Mai 1989 auf dem Gestüt Mundinger in der Siedlung Sallenbusch vor meinen Augen auf die Welt kam, war ich gerade mal 15 Jahre jung. Ich wurde zu einem glücklichen Menschen, denn in Manadana hatte ich von diesem Augenblick an eine unglaubliche Freundin, Weggefährtin und irgendwie auch eine Seelenverwandte, wenn es so etwas gibt. Die Härten des Lebens hatte ich zu diesem Zeitpunkt bereits kennen gelernt. Das Gestüt Mundinger mit seinen 30 bis 40 Vollblutarabern aus alten Weil-Marbacher Linien und mit zwischenzeitlich – unter anderem - viel El Shaklan Blut versorgte ich oft genug weitgehend alleine. Vor und nach der Schule, natürlich. Das war meine Jugend - mein Leben.

 

So oft und so lange ich in dieser Zeit auf dem Gestüt arbeitete, begleitete Mandana mich überall hin. Ohne Halfter, versteht sich. Ob ich die Boxen mistete, die Paddocks säuberte oder Schaupferde trainierte. Wann immer ich Zeit hatte begleitete sie mich – oder ich sie - natürlich auch bei Spaziergängen rund um meine Wahlheimat, den Sallenbusch.

 

Trennung

 

Dann kam, was kommen musste: Ein Gestüt lebt nun einmal davon, dass seine Produkte – schöne Pferde eben – verkauft werden. Und Mandana war im Frühsommer 1991 eine sehr schöne Jungstute mit interessantem und damals sehr modernem El Shaklan-Blut.

 

Für den Käufer, ein wohlhabender Baden-Württembergischer Unternehmer, war Mandana sein erstes Pferd. Er kaufte es seinem Sohn zum Abitur für eine große Stange Geld, das ich selbst im Leben nie hätte aufbringen können. Als Mandana das Gestüt verließ brach für mich eine Welt zusammen – und auch ich ging fort. Ich hatte nicht vor, je wieder auf das Gestüt Mundinger zurückzukehren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der erste Schritt

 

Als ich meinen damaligen Freund und heutigen Ehemann Max kennen lernte, merkte dieser offenbar, dass mein Herz trotz meiner Wut nach wie vor an der Welt der Vollblutaraberzucht, an den beiden Mundingers und an ihrem Gestüt hing. Max ist selbst im Sallenbusch aufgewachsen, auch wen er zum damaligen Zeitpunkt als Journalist in Hamburg, Berlin und Stuttgart tätig war – und von Arabern keinen blassen Schimmer hatte. Im Spätsommer 1991, dem Jahr der Wiedervereinigung, überredete er mich zu einem Besuch bei Irmi und Hans Mundinger. Viele Tränen flossen, als wir uns in den Armen lagen und uns wieder versöhnten. Abgesehen davon, dass ich meine „Zieheltern“ wieder hatte, erhielt ich von diesen recht schnell die Information, wo Mandana nun stand.

 

 

Exil 

 

Ab diesem Moment besuchte ich Mandana zunächst mindestens ein Mal im Monat, wenn möglich häufiger. Jedes Mal wenn ich kam, blubberte sie mich zur Begrüßung leise an. Jedes Mal stand ich dann vor ihr in ihrer Box und heulte wie ein Schlosshund. Mandanas neuen Besitzer traf ich nie. Er ritt Mandana den Berichten der Stallmitarbeiter zu Folge ab und zu, gab sie später für einige Zeit ins Schautraining. Zwei Fohlen bekam sie während dieser Zeit, die ich bis heute nie gesehen habe. Der Vater von Mandanas Besitzer baute indes ein damals angesehenes Warmblutgestüt auf.

 

Irgendwann verlor der Sohn vermutlich das Interesse an seinem einstigen Abitursgeschenk. Mandana diente dem Gestüt nun vorwiegend als Abprobier-Stute. Mittlerweile hatte ich meine Ausbildung zur Tierarzthelferin an der Tierklinik Salzofen begonnen. Freiwillig machte ich überstunden, um Harry Dammer, einer der beiden Klinkchefs, zu begleiten, wenn dieser seine wöchentliche Tour zu dem Gestüt fuhr, auf dem Mandana stand. Jedes Mal wenn ich sie sah presste dieser herzzerreißende Schmerz meine Brust zusammen. Wenn ich nachts – wo auch immer – eine Sternschnuppe erblickte, gab es nur diesen einen Wunsch: Lass ein Wunder geschehen! Lass mein Mandänchen wieder zu mir nach Hause finden!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zurück!

 

1999 geschah es. Zu meinem 25sten Geburtstag waren jede Menge Gäste im Haus. Sicher die Hälfte davon waren Kolleginnen, Kollegen und Chefs aus der Tierklinik Salzhofen. Draußen hatte es – was an meinem Geburtstag sonst nie der Fall ist – geschneit. Dass sich einige meiner Freunde verspäteten, machte mich nicht stutzig. Gegen 21.00 Uhr bat mich mein Mann, mir von ihm die Augenverbinden zu lassen. Er führte mich die steile Treppe hinunter in den verschneiten Hof. Langsam folgte ich ihm ungefähr bis in die Mitte des Hofes. Dann hob er meine Hand bis ungefähr auf Schulerhöhe. Als ich ihr Fell berührte, durchzuckte es mich wie ein Blitzschlag. Noch bevor ich mir das Tuch von den Augen gerissen hatte, brüllte ich bereits aus vollem Halse: „Mandana!!!“

 

Zwar wusste ich es – und trotzdem realisierte ich nur langsam, was oder besser wen ich da in diese Winternacht erblickte. Meine wunderschöne Schimmelstute Mandana stand vor mir wie die Königin der Vollblutaraber selbst – wie meine ganz persönliche Königin…

 

Im Umkreis von rund fünf Metern um sie herum brannten kleine, von milchig-weiß schimmerndem Papier geschützte Kerzen im Schnee. Mandana selbst stand auf einem Strohbett. Ihre großen, dunklen Augen blickten mit dem wissenden, vergeistigten Blick einer Vollblutaraber-Stute, die bereits in jungen Jahren viel erleben musste, an mir vorbei in die Nacht hinaus. Ihre weichen Nüstern stubsten sanft meine Wange. Ich merkte nicht, wie sich die meine Geburtstagsgesellschaft langsam über die Treppe in den verschneiten Hof ergoss. Kaum einer, der an diesem Abend keine Träne vergoss. Sicherlich nicht mein hinter mir stehender Mann und ich.

 

 

Mit Harry´s Hilfe

 

Späteren Erzählungen zu Folge hatte es sich wie folgt zugetragen: Meine Herzensqualen waren wohl auch meinem damaligen Freund sehr nahe gegangen. Heimlich hatte er sich mit meinem damaligen Chef Harry Dammer besprochen. Dieser traf relativ häufig seinen Kunden, den Besitzer besagten Warmblutgestüts und Vater des jungen Inhabers meiner Mandana. Max bat Harry, immer wieder zu bohren und ihm sofort Bescheid zu geben, sofern die Stute - bis zu einem bestimmten, für ihn noch einiger Maßen machbaren Preislimit - zu erwerben sei. Eines Tages rief Harry Dammer bei ihm an. „Max, ich hoffe, Dein Auftrag steht noch und Du hast genügend Geld auf der hohen Kante. Das Zeitfenster war recht klein, deshalb habe ich zugeschlagen. Soeben habe ich Mandana gekauft. Jetzt musst Du sie mir abkaufen – ich will keinen Araber!“

 

 

 

 

 

 

Bis heute

 

Etliche weitere Freunde und Kollegen hatten vor und an diesem 16.12.1999 dabei geholfen, dieses unglaubliche Geburtstagsglück wahr werden zu lassen und dabei auf den ersten Teil meiner Geburtstagsfeier verzichtet. Volker zum Beispiel hatte in einem Pferdeanhänger heimlich Mandana von dem Gestüt abgeholt. Dort hatte die Gestütschefin nach dem Kauf durch Harry extra einige Tage mit der Auslieferung bis zu meinem Geburtstag gewartet und arrangiert, dass mein Mandänchen Zeitgenau abgeholt werden konnte. Michael, Sandra und weitere Helfer hatten heimlich eine leer stehende Box auf unserem Hof vorbereitet und sie sicherlich einen gefühlten Meter dick mit Stroh eingestreut. Ein Halfter hing auch bereits am Platz. Die dick eingestreute Box, die ab sofort meine Mandana beherbergte, war sicherlich der schönste Platz, an dem ich je mit Freunden - und diversen Gläschen Sekt - angestoßen habe.

 

Heute gehe ich regelmäßig mit ihr spazieren oder reite gemütlich auf ihr aus. Manchmal ist auch mein Mann Max dabei.

 

Mandana – heute und für immer

 

Mittlerweile hat Mandana mir zwei tolle Fohlen von Al Lahab und eines von CH El Brillo geschenkt, ein weiteres Fohlen dieses wunderbaren El Shaklan-Sohnes trägt sie unter ihrem Herzen.

 

Seit dieser weihnachtlichen Nacht 1999, in der ein Märchen für mich wahr wurde, steht Mandana nun bei mir. Dieses Jahr feiern wir das 10-jährige Jubiläum ihrer Rückkehr in den Sallenbusch.

 

Jedes mal, wenn ich Mandana heute ansehe, berührt mich wieder ein wenig von diesem Glück, das ich schon vor 20 Jahren in ihrer Nähe spürte, als sie auf die Welt kam und dann wieder, als ich sie vor 10 Jahren zwischen den Lichtern im Schnee stehen sah – ganz egal, was um mich herum passiert.

 

Und dieses Glück werde ich nie wieder vergessen.

 

Mandana, ich liebe Dich!

 

 

 

 

(Video – wmv-Datei für Mediaplayer)